Mein persönlicher und ehrlicher Grund, warum ich es liebe, Kinderyoga zu unterrichten
Es ist vielleicht kein besonders „erwachsener“ Grund und vielleicht sollte ich es so nicht sagen, aber der wahre Grund, warum ich Kinderyoga liebe, ist, weil ich Spiel liebe. Wenn ich mit den Kindern spiele, fühle ich mich manchmal, als wäre ich selbst ein Kind. Manchmal glaube ich, dass obwohl ich 39 Jahre alt bin, ein Teil von mir immer noch ein Kind ist.
Es zu lieben, mit Kindern zu spielen erscheint mir ein bisschen kindischer Grund zu sein, um Kinderyoga zu unterrichten. Doch ganz im Ernst: Ich glaube, dass wir alle am besten durch Spiel lernen. Spielen bedeutet Entdecken, Neugier, Spaß. Aber Spielen bedeutet auch Anstrengung. Denn Kinder nehmen Spielen sehr ernst. Wir können verdammt ehrgeizig sein, wenn wir spielen. Manchmal wollen wir gewinnen, wir wollen etwas bauen, etwas erschaffen, etwas verstehen. Aber es gibt weniger Druck, denn es ist ja „nur Spiel“. Ich kenne es aus meiner Kindheit, aber auch vom Impro-Theater, egal, welche Rolle wir spielen, wir wollen sie richtig gut spielen, wir sind mit unserem ganzen Herzen dabei und gleichzeitig ist Spiel von Leichtigkeit umgeben, denn es ist ja nur ein Spiel.
Yoga-Philosophie lehrt uns, immer, in allem, was wir tun, unser Bestes zu geben, ohne auf ein bestimmtes Resultat fixiert zu sein. Ich glaube, genau das tun wir, wenn wir spielen. Wir sind aufgeregt, wir haben Spaß dabei, manchmal vergessen wir, dass wir müde oder hungrig sind, wir geben alles, wir lachen, wir genießen den Prozess. Vor zehn Jahren, als ich für mein zweites juristisches Staatsexamen gelernt habe und noch nichts über Yoga wusste, habe ich unbewusst genau dies getan. Ich hatte den Stress vom 1. Staatsexamen satt und ich beschloss, mein 2. Staatsexamen anzugehen, als wäre es ein sportlicher Wettkampf, ein Spiel. Mein Examen als Spiel zu betrachten, bedeutete nicht, nicht mehr zu lernen. Aber es bedeutete, am Ende des Nachmittages mit dem Lernen aufzuhören, Sport zu machen oder eine andere Aktivität, die mir Spaß macht. Es bedeutete, mir nicht mehr einzureden, dass meine ganze Zukunft von dieser einen Prüfung abhängt. Und ratet, was passiert ist? Ich habe besser abgeschnitten als im 1. Staatexamen.
Ich glaube an die Kraft des Spiels. Ich glaube, dass unsere Kinder Raum haben sollten, um zu spielen, zu entdecken, wild und neugierig und kreativ zu sein und viel zu lachen. Ich glaube, dass wir, als Erwachsene, Eltern, Lehrer, Kindern Raum geben sollten, um zu spielen und dass wir gleichzeitig die notwendigen Grenzen setzen sollten, damit sie sich sicher fühlen und sich nicht verletzen. Ich glaube, dass auch wir, als Erwachsene, uns selbst Momente geben sollten, in denen wir verspielt sein dürfen, albern, entdeckungsfreudig, abenteuerlich. Ich glaube, dass auch wir uns – in einem angemessenen Rahmen – kleine Momente in unserem Alltag schaffen sollten, in denen wir, unser inneres Kind, spielen darf. Mein Bruder zum Beispiel ist Arzt und Vater von zwei sehr lebhaften Jungs und seine Entspannung besteht darin, abends Legotechnik-Modelle zusammenzubauen.
Es gibt noch einen zweiten Grund, warum ich es liebe, Kinderyoga zu unterrichten. Ich wünschte, ich hätte selbst als Kind oder Teenager Yoga gelernt. Yoga gibt uns so viele Werkzeuge, um uns in unserem Körper besser zu fühlen und um in dieser verrückten und hektischen Welt, in der wir leben, nicht dauernd von unseren Gedanken und Gefühlen und externen Eindrücken überwältigt zu fühlen.
Umso tiefer wir in Yoga eintauchen, umso mehr kann es zu einem sanften Kompass werden, der uns hilft, durch unser Leben zu navigieren. Ich glaube, dass meine eigene Kindheit und vor allem meine Teenager-Jahre einfacher und weniger schmerzhaft gewesen wäre, wenn jemand mit Yoga beigebracht hätte.
Ich bin selbst keine Mutter, aber ich liebe Kinder. Und es bereitet mir unglaublich viel Freude, mit den Kindern in meiner Klasse Zeit zu verbringen, mit ihnen zu spielen, sie am Ende der Klasse mit auf Phantasiereise in einen friedlichen Garten zu nehmen und ihnen vielleicht, hoffentlich, kleine Tricks oder Sätze mitgeben kann, die ihnen helfen werden, in schwierigen Momenten einen ruhigen Ort in sich selbst zu finden. Selbst wenn manche Stunden laut und anstrengend sind, fühlt es sich für mich wie ein Geschenk an, mit ihnen Zeit zu verbringen. Und ein Lächeln oder ein „Mir hat die Geschichte gefallen“ am Ende der Stunde können manchmal einen schwierigen Tag in einen guten Tag verwandeln.